Berufsrechtswidrige Vorschussrechnung für Verlangensleistungen“ im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 2 GOÄ, OVG Nordrhein-Westfalen, 25.11.2015 - 6t E 441/13.T     

Die Problematik:

Nicht selten und bei ausländischen Patienten fast ausschließlich fordern die Ärzte und Zahnätzte für ihre „Verlangensleistungen“ im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 2 GOÄ bzw. § 1 Abs. 2 Satz 2 GOZ Vorschusse ein, wofür selbstverständlich gewichtige Gründe vorliegen. In dem Zusammenhang stellen sich folgende Fragen:

1. Ist es Ärzten generell untersagt, einen Vorschuss auf ihr Honorar zu fordern?

Falls der Arzt berechtigt ist, einen Vorschuss zu verlangen, welche Voraussetzungen gelten für die Vorschussrechnung bzw.  -aufforderung:

2. Ist es berufsordnungswidrig, die Vorauszahlung der gesamten Vergütung auf der Grundlage einer der GOÄ nicht ansatzweise genügenden Berechnung zu verlangen?

Das Landesberufsgericht für Heilberufe Münster hat die 1. Frage offen gelassen und die 2. bejaht,  Beschluss v. 25.11.2015 - 6t E 441/13.T. Dabei ging es um die Vorschussrechnung eines Arztes für „Verlangensleistungen“ im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 2 GOÄ.

Der Fall:

Der Antragsteller ist als Facharzt für plastische und ästhetische Chirurgie tätig.

Mit anwaltlichem Schreiben beschwerte sich eine Patientin des Antragstellers bei der Landesärztekammer (Antragsgegnerin) über diesen. Der Antragsteller habe sie im April 2010 wegen einer Brustvergrößerung und Bruststraffung operiert. Zuvor, im März 2010 habe er ihr einen Kostenvoranschlag übersandt. Dieser habe in keiner Weise den Vorgaben des § 12 GOÄ entsprochen. Es seien pauschal Honorare festgesetzt worden, ohne die einzelnen Punkte zu erläutern. Weiter habe der Antragsteller verlangt, dass der gesamte Betrag eine Woche vor der Operation an ihn gezahlt werde, ansonsten werde er die Operation nicht durchführen. Deshalb habe sie vor der Operation den gesamten Betrag überwiesen. In dem in Kopie beigefügten Kostenvoranschlag heißt es auszugsweise:

"Kostenvoranschlag: Bruststraffung mit Kissen

(...)

Für die besprochene Behandlung würden die folgenden Kosten entstehen:

Operationshonorar 6.000,- €

Implantate 800,- €

BH 180,- €

Übernachtung 280,- €

Gesamtsumme 7.260,- €

Für die verbindliche Buchung eines OP-Termins ist eine Anzahlung in Höhe von 1.000,- € bis zu 14 Tage vor dem geplanten Eingriff zu entrichten. Der Restbetrag ist spätestens am Tag des Eingriffs in bar zu bezahlen oder muss an diesem Tag auf das unten genannte Konto eingegangen sein. Bei fehlendem Zahlungseingang kann der Eingriff nicht durchgeführt werden. (...). Sollten Sie Interesse an einer Finanzierung haben, sprechen Sie uns bitte an."

Die Patientin legte die Kopie eines Überweisungsbelegs über 7.260,00 Euro vor und gab ferner an, wegen eines aus ihrer Sicht unterlaufenen Arztfehlers bei der Operation ein Haftungsverfahren gegen den Antragsteller zu führen.

Die Landesärztekammer leitete ein Berufsverfahren ein. Auf Anhörungsschreiben übersandte der Antragsteller ein an die Patientin gerichtetes Schreiben vom Februar 2011, das mit "Rechnung über ärztliche Leistung" überschrieben ist. Darin heißt es, nunmehr werde eine detaillierte Aufschlüsselung der von ihm berechneten Kosten entsprechend der GOÄ nachgereicht. Für die ärztliche Behandlung würden 7.260,00 Euro in Rechnung gestellt, die die Patientin mit der Überweisung vom April 2010 bereits vollständig beglichen habe. Angefügt war eine Aufschlüsselung der erbrachten Leistungen nebst Multiplikator und Endbetrag der jeweiligen Gebührenziffer ohne weitere Anlagen. Der Antragsteller hatte dabei Steigerungsfaktoren bis zu 6,5 zugrunde gelegt. Begründungstexte zu Steigerungsfaktoren finden sich auf Seite 3 der Kostenaufschlüsselung, sie sind aber nicht zugeordnet.

Die Antragsgegnerin wies den Antragsteller darauf hin, dass nach den übersandten Unterlagen bisher keine ordnungsgemäße Rechnung gemäß GOÄ erstellt worden sei. So fehle schon in formaler Hinsicht die Bezeichnung als Rechnung, die Angabe des Datums der Rechnung und der Name der Patientin. Außerdem sei das Verlangen einer Vorauszahlung des gesamten Honorars vor Durchführung der Operation berufsrechtlich zu beanstanden.

Im Februar 2012 beschloss der Vorstand der Antragsgegnerin, dem Antragsteller eine Rüge mit Ordnungsgeld in Höhe von 1.000,00 Euro zu erteilen. Der Antragsteller habe durch sein Verhalten gegen § 12 Abs. 1 der Berufsordnung für die nordrheinischen Ärztinnen und Ärzte (BO) verstoßen. Danach müsse die Honorarforderung angemessen sein. Für die Bemessung sei die amtliche Gebührenordnung (GOÄ) die Grundlage, soweit nicht andere gesetzliche Vergütungsregelungen gälten. Der Kostenvoranschlag vom März 2010 sei keine Rechnung im Sinne der GOÄ, da die einzelnen erbrachten Leistungen nicht aufgeschlüsselt seien, keine Gebührenziffern und keine Steigerungssätze genannt würden. Die der Beschwerdeführerin mit Schreiben vom Februar 2011 übersandte Aufschlüsselung der erbrachten Leistungen sei aus formalen Gründen ebenfalls keine Rechnung, da die Bezeichnung als Rechnung, die Angabe des Datums und der Name der Patientin fehlten. Da bisher keine ordnungsgemäße Rechnung im Sinne der GOÄ vorliege, sei die Honorarforderung des Antragstellers nicht gemäß § 12 Abs. 1 GOÄ fällig. Ferner sei das Verlangen der Vorauszahlung des gesamten Honorars vor Durchführung der Operation berufsrechtlich zu beanstanden. Denn Patienten sei vor Begleichung der ärztlichen Honorarforderung die Möglichkeit zu geben, die ärztliche Liquidation anhand einer ordnungsgemäßen Rechnung im Sinne von § 12 GOÄ zu überprüfen.

Dagegen hat der Antragsteller einen Antrag auf gerichtliche Überprüfung gestellt und beantragt, die Rüge mit Ordnungsgeld in Höhe von 1.000,00 Euro aufzuheben.

Das Berufsgericht hat das in der Rüge der Antragsgegnerin verhängte Ordnungsgeld aufgehoben, soweit es den Betrag von 500,00 Euro übersteigt. Im Übrigen hat es den Antrag auf gerichtliche Nachprüfung zurückgewiesen.

Gegen den Beschluss hat der Antragsteller Beschwerde erhoben.

Entscheidung des Landesberufsgerichts:

Die Beschwerde des Arztes blieb ohne Erfolg.

Der Antragsteller hat nach Auffassung des Landesberufsgerichts seine Berufspflichten mit den ihm in dem Rügebescheid vorgeworfenen Handlungen vorsätzlich und schuldhaft verletzt. Die Erteilung einer Rüge und die Auferlegung eines Ordnungsgeldes von 500,00 Euro sind hierfür tat- und schuldangemessene berufsgerichtliche Maßnahmen.

Die Regelungen, wie eine Arztrechnung aussehen soll und welche Folge eine nicht ordnungsgemäß ausgestellte Rechnung hat, sind im § 12 „Fälligkeit und Abrechnung der Vergütung, Rechnung“ der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) enthalten. Dort heißt es:

(1) Die Vergütung wird fällig, wenn dem Zahlungspflichtigen eine dieser Verordnung entsprechende Rechnung erteilt worden ist.

(2) Die Rechnung muss insbesondere enthalten:

1.das Datum der Erbringung der Leistung,

2.bei Gebühren die Nummer und die Bezeichnung der einzelnen berechneten Leistung einschließlich einer in der Leistungsbeschreibung gegebenenfalls genannten Mindestdauer sowie den jeweiligen Betrag und den Steigerungssatz,

3.bei Gebühren für stationäre, teilstationäre sowie vor- und nachstationäre privatärztliche Leistungen zusätzlich den Minderungsbetrag nach § 6a,

4.bei Entschädigungen nach den §§ 7 bis 9 den Betrag, die Art der Entschädigung und die Berechnung,

5. bei Ersatz von Auslagen nach § 10 den Betrag und die Art der Auslage; übersteigt der Betrag der einzelnen Auslage 50,- Deutsche Mark, ist der Beleg oder ein sonstiger Nachweis beizufügen.

(3) Überschreitet eine berechnete Gebühr nach Absatz 2 Nr. 2 das 2,3fache des Gebührensatzes, ist dies auf die einzelne Leistung bezogen für den Zahlungspflichtigen verständlich und nachvollziehbar schriftlich zu begründen; das gleiche gilt bei den in § 5 Abs. 3 genannten Leistungen, wenn das 1,8fache des Gebührensatzes überschritten wird, sowie bei den in § 5 Abs. 4 genannten Leistungen, wenn das 1,15fache des Gebührensatzes überschritten wird. Auf Verlangen ist die Begründung näher zu erläutern. Soweit im Falle einer abweichenden Vereinbarung nach § 2 auch ohne die getroffene Vereinbarung ein Überschreiten der in Satz 1 genannten Steigerungssätze gerechtfertigt gewesen wäre, ist das Überschreiten auf Verlangen des Zahlungspflichtigen zu begründen; die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend. Die Bezeichnung der Leistung nach Absatz 2 Nr. 2 kann entfallen, wenn der Rechnung eine Zusammenstellung beigefügt wird, der die Bezeichnung für die abgerechnete Leistungsnummer entnommen werden kann. Leistungen, die auf Verlangen erbracht worden sind (§ 1 Abs. 2 Satz 2), sind als solche zu bezeichnen.

(4) Wird eine Leistung nach § 6 Abs. 2 berechnet, ist die entsprechend bewertete Leistung für den Zahlungspflichtigen verständlich zu beschreiben und mit dem Hinweis "entsprechend" sowie der Nummer und der Bezeichnung der als gleichwertig erachteten Leistung zu versehen.

…“

Nach ständiger Rechtsprechung, der sich  das Landesberufsgericht anschließt, ist das Fehlen der Bezeichnung als „Rechnung“  unschädlich.

1. Ist es Ärzten generell untersagt, einen Vorschuss auf ihr Honorar im Falle einer Verlangensleistung zu fordern?

Ein Verbot eines Vorschussverlangens enthält die Vorschrift des § 12 GOÄ nicht. Ein solches könnte zwar aus dem berufsethischen Grundsatz des Inhalts, dass medizinisch notwendige Hilfe nicht von einer Vorauszahlung abhängig gemacht werden darf, hergeleitet werden. Dieser Grundsatz ist indes im Falle einer Verlangensleistung im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 2 GOÄ naturgemäß nicht tragfähig. Das  Landesberufsgericht kommt daher zum Ergebnis, dass Vorschussverlangen im Falle einer Verlangensleistung „eher für zulässig zu halten sein dürfte“.

2. Ist es berufsordnungswidrig, die Vorauszahlung der gesamten Vergütung auf der Grundlage einer der GOÄ nicht ansatzweise genügenden Berechnung zu verlangen?

Zunächst hat das Landesberufsgericht einige Ausführungen zur Frage gemacht, ob und ggf. wann eine fehlerhafte (Vorschuss)abrechnung einen berufsrechtlichen Verstoß darstellen kann. Danach gilt folgendes:

Fehlerhafte Abrechnung bedeutet nicht automatisch eine Verletzung von Berufspflichten. Vielmehr ist erst eine vorsätzlich fehlerhaft vorgenommene oder sich offensichtlich außerhalb jeder vertretbaren rechtlichen Meinung befindende Abrechnungspraxis geeignet, auf einen ahndungswürdigen Berufspflichtverstoß zu führen.

Die Anwendung der o. g. Grundsätze auf den konkreten Fall ergibt einenBerufspflichtverstoß:

Der Antragsteller hat mit dem Vorauszahlungsverlangen seine Pflicht zur gewissenhaften Berufsausübung und zur angemessenen Honorarforderung verletzt, indem er die Vorauszahlung der gesamten Kosten auf der Grundlage einer § 2 Abs. 2 GOÄ nicht ansatzweise genügenden Berechnung verlangt hat. Dies stellt eine Verletzung der Berufspflichten aus § 12 Abs. 1 Satz 1 und § 2 Abs. 2 Satz 1 BO zur angemessenen Honorarforderung und zur gewissenhaften Berufsausübung dar. Denn der Antragsteller hat nicht nur eine pauschal berechnete Anzahlung verlangt, sondern explizit die Zahlung der gesamten entstehenden Kosten im Voraus. Dem entspricht es, dass er nachträglich eine Rechnung zunächst nicht mehr erstellt hat, sondern dies erst auf die Intervention der Antragsgegnerin hin im Februar 2011 getan hat. Der Antragsteller hat diesem Vorauszahlungsverlangen aber eine Kostenberechnung zugrunde gelegt, die die Anforderungen des § 12 GOÄ nahezu vollständig verfehlt. Eine solche Verfahrensweise liegt außerhalb des Spektrums nach der GOÄ vertretbaren Vorgehens, so dass sie einen Verstoß gegen § 12 Abs. 1 BO, § 2 Abs. 2 BO begründet. Wie sich dies zum Nachteil der Patientin ausgewirkt hat, verdeutlicht besonders der Umstand, dass der Antragsteller in der Kostenaufstellung vom Februar 2011 in Bezug auf nicht weniger als sieben Positionen Steigerungssätze von 5,3 und 6,5 zugrunde gelegt hat, ohne dass die hierfür nach § 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 GOÄ erforderliche Vereinbarung vorliegt. Setzt man statt dessen bei den vier Positionen den - bereits erhöhten - Steigerungssatz von 3,5 an, ergeben sich um 1.657,66 Euro niedrigere und demnach von der Patientin überzahlte Kosten. Überdies ist der Kostenvoranschlag ausweislich der Kostenaufstellung vom Februar 2011 insoweit irreführend, als sich der als "Operationshonorar" bezeichnete Betrag von 6.000,00 Euro nur ergibt, wenn man 28 Positionen an Sachkosten einbezieht, wobei diese teilweise (etwa Kosten für OP-Handschuhe, vgl. § 10 Abs. 2 Nr. 5 GOÄ) nicht abrechnungsfähig sein dürften. All dies konnte die Patientin auf der Grundlage der ihr vorgelegten Berechnung jedoch nicht erkennen oder nachprüfen. Die Richtigkeit der angesetzten Höhe der Sachkosten lässt sich bis heute nicht überprüfen, weil weder dem Vorschussverlangen noch der Rechnung die gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 5 GOÄ teilweise erforderlichen Belege beigefügt waren.

Der Antragsteller hat auch vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft gehandelt, zumindest grob fahrlässig. Als Arzt muss er die einschlägigen Bestimmungen des HeilBerG NRW, der BO und der GOÄ kennen. Sein Einwand, seinem Tätigkeitsbereich sei ein Vorschussverlangen allgemein üblich, vermag seine Schuld nicht auszuschließen. Die insoweit angeregte Beweiserhebung war schon deshalb entbehrlich, weil der Umstand, dass "bei plastisch-ästhetischen Operateuren von den Mitgliedern der betroffenen Fachgruppen regelmäßig ein Vorschuss verlangt wird", nichts Hinreichendes zum Vorgehen des Antragstellers besagen würde, auf der Grundlage einer die Vorgaben der GOÄ vollständig ignorierenden Kostenberechnung die Zahlung der gesamten anfallenden Kosten im Voraus zu verlangen.

Stellungnahme:

Die Entscheidung ist zu begrüßen. Der berufswidrigen Praxis, unangemessene Vorschüsse mit kaum nachvollziehbaren Berechnungen zu verlangen soll schon längst eine Absage erteilt werden. Leider verhalten sich viele Landes(zahn)ärztekammer in dem Zusammenhang eher passiv. Zutreffend merkt das Landesberufsgericht  an, dass die Forderung eines Vorschusses auf Verlangensleistungen zulässig ist.  Die Frage über die Berechtigung eines Arztes zum Vorschuss für andere Fälle ist allerdings umstritten.Das Spektrum der hierzu vertretenen Auffassungen reicht von der Einschätzung, jedes Verlangen eines Vorschusses sei unzulässig,

vgl. Ratzel/Lippert, Kommentar zur MBO, 5. Auflage 2010, § 12 Rn. 21; Klakow/Franck (Hrsg.), Kommentar zur GOÄ, Loseblatt Stand November 2014, § 12 Rn. 8,

über die - wohl auch von der Antragsgegnerin vertretene - vermittelnde Ansicht, es komme auf das Vorliegen besonderer Voraussetzungen wie etwa das Bestehen berechtigter Zweifel an der Leistungsfähig- oder -willigkeit des Patienten an, bis hin zu der - vereinzelten - Auffassung, ein Arzt dürfe von seinen Privatpatienten jederzeit für alle Behandlungsmaßnahmen einen Vorschuss verlangen.

Vgl. Kern, GesR 2007, 241 ff.; zum Streitstand auch Landesberufsgericht für Heilberufe beim OVG NRW, Urteil vom 7. November 2007 - 6t A 3788/05.T -, juris Rn 74.

Nach der hier vertretenen Auffassung, soll die Forderung eines Vorschusses für die ärztlichen Leistungen – außer im Notfall – zulässig sein. Das gilt sowohl für Behandlungen, die eines hohen Aufwands an vorheriger Beratung und Planung bedürften, als auch für alle anderen. Eine andere Auffassung würde zu erheblichen nicht gerechtfertigten finanziellen Einbußen von Ärzten führen. Eine Vorleistungspflicht des Arztes ist weder in der Berufsordnung noch in der GOÄ formuliert. Die dort geregelte Fälligkeit der Rechnung schließt die Forderung des Vorschusses nicht aus. Mit der Rechnung ist übrigens auch die Vorschussrechnung gemeint.

Der Patientenschutz soll nicht – auf Kosten der Ärzte – durch das Verbot eines Vorschusses erreicht werden, sondern durch die Gestaltung der Rechnung. Dabei gilt als Orientierung eine möglichst größere Transparenz der ärztlichen Rechnungen für den Zahlungspflichtigen, BGH, Urteil vom 21. Dezember 2006 - III ZR 117/06 - unter Hinweis auf BR-Drs. 295/82 S. 11; Hess/Hübner in Wenzel, Handbuch des Medizinrechts, 2. Auflage 2009, Kap. 11 Rn. 114.

Nicht erforderlich sind die Bezeichnung als „Vorschussrechnung“ und die Angabe des genaueren Behandlungsdatums. Auch wenn das voraussichtliche Datum der Behandlung noch nicht angegeben werden kann, wenn dieses erst nach Anzahlung bestimmt werden soll, kann darauf verzichtet werden.

Erforderlich sind dagegen die Bezeichnung der einzelnen berechneten Leistung sowie jeweiliger Betrag und Steigerungssatz. Wie auch in anderen Branchen (z. B. Rechtsanwälte) ist es nicht zulässig, in einer Vorschussrechnung unangemessene Gebühren zu berechnen. Der Haupanwendungsbeispiel dafür ist  der erhöhte Steigerungssatz, der – abgesehen von dem Fall einer vorher getroffenen schriftlichen Vereinbarung – vor dem Behandlungsbeginn schwer einschätzbar ist. Daher soll in der Vorschussrechnung in der Regel der Steigerungssatz  des § 12 Abs. 3 GOÄ abgerechnet werden.

Eine die Vorschriften der GOÄ nicht beachtende Abrechnungspraxis kann einen Verstoß gegen die Berufspflichten begründen. Eine Berufspflichtverletzung liegt allerdings nicht schon dann vor, wenn sich eine jedenfalls im Ansatz vertretbare Bewertung durch den Arzt im Nachhinein als unzutreffend herausstellt. Auch nicht jede Abweichung von den Abrechnungsvorschriften der GOÄ stellt bereits einen Verstoß gegen dem Arzt obliegende Berufspflichten dar. Erforderlich für die Annahme eines Berufspflichtverstoßes ist vielmehr eine vorsätzlich fehlerhaft vorgenommene oder sich offensichtlich außerhalb jeder vertretbaren rechtlichen Meinung befindende Abrechnungspraxis. Jede andere Betrachtungsweise würde den Arzt insbesondere bei sog. Analogbewertungen nach § 6 Abs. 2 GOÄ oder bei in der Rechtsanwendung im Einzelfall umstrittenen Gebührenansätzen dem Risiko aussetzen, nach einer etwaigen zivilgerichtlichen Feststellung zu seinen Lasten auch noch mit berufsrechtlichen Sanktionen belegt zu werden.