Zahnarzthaftung
Haftung eines Zahnarztes wegen Behandlungsfehler: Fälle
Haftung eines Zahnarztes wegen Behandlungsfehler
Fall 1: Der beklagte Zahnarzt führte eine Vitalitätsprobe mittels eines Eissprays durch. Diese Probe hat ergeben, dass der Zahn nicht mehr vital gewesen ist. Auch die Verfärbung des Zahnes deutete auf eine fehlende Vitalität des Zahnes hin. Daraufhin hat der Zahnarzt den Zahn aufgebohrt um eine Wurzelbehandlung durchzuführen. Dabei merkte er, dass der Zahn doch vital ist. Da das Pulpencavum bereits eröffnet wurden war, führte eine Wurzelbehandlung an dem lebendigem Zahn durch.
Der Patient forderte unter anderem Schmerzensgeld wegen einer fehlerhaften Zahnbehandlung.
Das Gericht sprach dem Kläger das Schmerzensgeld in Höhe von 4.000 Euro zu. Dabei stützte sich das Gericht auf das medizinische Gutachten. In dem Gutachten stellte der Gutachter fest, dass die Prüfung allein mittels Eissprays ungeeignet war, die Vitalität des Zahnes zu prüfen. Vielmehr hätte der beklagte Zahnarzt vor der Trepanation des Zahnes eine Röntgenaufnahme anfertigen müssen, um die Wurzelspitze auf eine apikale Aufhellung zu untersuchen. Das hat er unterlassen. Das Gericht hat das als einen groben Fehler bewertet.
Fall 2: Der beklagte Arzt führte eine Wurzelbehandlung mittels eines Präparats Toxavit durch. Der Gutachterstellte in dem späteren Gerichtsverfahren fest, dass die Verwendung dieses Medikaments fehlerhaft war. Das Medikament Toxavit gehört nicht mehr zum zahnmedizinischen Standard wegen der Gefahr eines schädigenden Einflusses auf den Gesamtorganismus. Übrigens war das Medikament schon seit 5 Jahren nicht am Markt.
Fall 3: Falsche Bohrung oder „via falsa“
Es passiert oft, dass der Zahnarzt beim Bohren die Bohrrichtung fehlerhaft auswählt. Das wird aber nur dann als Fehler bewertet, wenn der Zahnarzt diesen Fehler hätte vermeiden können, z.B. durch den Blick auf die Röntgenaufnahmen (OLG Hamm, Urteil vom 24.10.2006). Das Landgericht Dortmund im Urteil von 31.01.2008 hat in einem vergleichbaren Fall anders entschieden. Dabei folgte er den Ausführungen des Gutachters, dass eine via falsa manchmal unvermeidlich sei. Aus dem Urteil des Landgerichts Dortmund folgt jedoch nicht, ob der beklagte Zahnarzt die Röntgenaufnahmen vor der Bohrung ausgewertet hat oder nicht.
Fall 4: Schleiftrauma
Eine Schleiftrauma stellt nicht unbedingt einen Behandlungsfehler dar (Landgericht Dortmund, Urteil von 31.01.2008). Auch bei ordnungsgemäßer Vorgehensweise ist ein Schleiftrauma nicht immer vermeidbar.
Fall 5: Sofortimplantation
Der beklagte Zahnarzt führte eine Sofortimplantation durch, d.h. er hat in einem und selben Termin sowohl den Zahn entfernt als auch sogleich ein Implantat in regio eingebracht. Infektionsbedingte Wundheilstörungen machten dann aber weitere Behandlungen erforderlich. Der Sachverständige im Gerichtsverfahren stellte fest, dass es ein Behandlungsfehler war. Zwar ist es nicht grundsätzlich fehlerhaft eine Sofortimplantation durchzuführen, in dem konkreten Fall war das aber kontraindiziert, weil der Kläger ein Knochendefekt hatte. Dieser Knochendefekt musste mit Fremdmaterial behoben werden. Das ist aber mit der Infektionsgefahr verbunden. Daher muss mit der Transplantation abgewartet werden.
Fall 6: Präparationsgrenzen bei der Überkronung nicht erreicht Dem Patienten wurde eine Brücke angegliedert, dabei hat der beklagte Zahnarzt den Kronenrandabschluss nicht vollständig exakt bearbeitet so dass die beschliffene Zahnsubstanz teilweise frei lag. In Folge dessen hatte der Patient immer Schmerzen beim Kontakt mit warm und kalt. Das OLG Stuttgart im Urteil vom 09.01.1998 hat entschieden, dass dieser Fehler ein grober Fehler ist. Eine Neuversorgung war erforderlich. Das Gericht hat dem Kläger 3.000 DM als Schmerzensgeld zugesprochen.
Fall 7:
Der Patient bestand bei einer zahnprothetischen Versorgung darauf, dass bei der Fertigung einer Metallkeramikbrücke eine bestimmte Legierung verwendet wird, die er als die einzige aufgrund seiner Allergie von ihm vertragene Legierung bezeichnet hat. Der Zahnarzt hat den Patienten ausdrücklich auf die Ungeeignetheit der Legierung für die Brückenversorgung hingewiesen. Nach der Fertigung der Brücke war der Kläger der Überzeugung, aufgrund zahnärztlicher Behandlung "verseucht" zu sein und verklagte den Zahnarzt aus Schadensersatz. Das Landgericht (1. Instanz) hat der Klage stattgegeben, auf Berufung des Arztes hat das Oberlandesgericht München das Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Begründung lautete: Der Zahnarzt ist an die Vorgabe des Patienten gebunden mit der Folge, dass er trotz Ungeeignetheit die fragliche Legierung verwenden darf, ohne sich dem Vorwurf fehlerhaften Verhaltens auszusetzen. Dies gilt jedoch nur dann, wenn der Arzt den Patienten ausdrücklich auf die Ungeeignetheit der Legierung für die Brückenversorgung hingewiesen hat. Das war in dem Fall erfolgt.
Fall 8: Die Notfallbehandlung eines Zahnarztes verfolgt lediglich das Ziel, eine Schmerzfreiheit des Patienten herbeizuführen. Der Notfallzahnarzt muss den Patienten aber darauf aufmerksam machen, dass eine Nachbehandlung erforderlich ist.
Ein Verstoß gegen die Pflicht, einen Patienten über die Notwendigkeit einer weiteren Behandlung aufzuklären, ist ein Behandlungsfehler. Anders als bei der Eingriffsaufklärung, deren Beweis dem Arzt obliegt, ist es Sache des Patienten zu beweisen, dass der Arzt eine erforderliche therapeutische Sicherheitsaufklärung unterlassen hat.
Ein Zahnarzt ist verpflichtet, die Vollständigkeit und Unversehrtheit seiner Instrumente nach der Behandlung eines Patienten zu kontrollieren, um sicherzustellen, dass keine Teile im Körper des Patienten zurückgeblieben sind. Das gilt im Besonderen bei einer Behandlung mit einem Wurzelkanalaufbereitungsinstrument.
Fall 9: Der beklagte Zahnarzt hat fehlerhaft unterlassen, im Anschluss an die Wurzelbehandlung eine effektive Röntgenkontrolle durchzuführen und eine weitere Behandlung unterlassen. Das OLG Köln sah darin einen groben Behandlungsfehler und hielt ein Schmerzensgeld von 500,- EUR für angemessen.
Haftung eines Zahnarztes wegen Aufklärungsmangel
Fall 1: Bei der Klägerin war eine prothetische zahnärztliche Versorgung schon längst geplant. Es wurden mehrere Gespräche durchgeführt, unter anderem über die Risiken und alternativen Methoden. Die endgültige Aufklärung und das Ausfüllen eines Aufklärbogens erfolgten jedoch erst am Tag der Operation. Im Prozess behauptete die Klägerin, zu spät aufgeklärt zu sein. Sie drang mit der Behauptung aber nicht durch. Das Gericht vertritt die Auffassung, dass eine ausführliche Aufklärung am Operationstag auch ausreichend sein kann, wenn die Operation von längerer Zeit geplant und besprochen war (LG Aurich, Urteil vom 06.10.2006).
Fall 2: Ein Aufklärungsfehler ist gegeben, wenn der Zahnarzt nicht darüber aufklärt, dass eine Behandlungsalternative zu einer Brückenkonstruktion besteht. Der Klägerin wurden zwei Brücken angegliedert. Sie behauptete aber, dass die Auswahl dieser Methode fehlerhaft ist. Im gerichtlichen Verfahren stellte der Gutachter fest, dass hier eine Behandlungsalternative in Form einer Teleskopprothetik in Betracht gekommen wäre. Diese Alternative hätte der Arzt der Patientin dringend empfehlen müssen, weil bei den Patienten ein erheblicher Knochenabbau vorlag.
Fall3: Die Patientin lies die prothetische Versorgung ihres Oberkiefers beim beklagten Arzt erneuern. Dabei hat er in einem Aufklärungsgespräch nie die alternativen Behandlungsmethoden erwähnt. Der Sachverständige stellt fest, dass bei der Klägerin verschiedene Möglichkeiten der zahnmedizinischen Versorgung in Betracht zu ziehen wären. Das entspricht der ständigen Rechtsprechung, dass der Arzt dem Patienten mitteilen muss, welche Wege und damit verbundenen Risiken und Erfolgschancen mit der jeweiligen Methode zu erreichen sind. Das ist dann die Sache des Patienten, zu entscheiden, welche Methode er auswählt. (OLG Koblenz, Urteil vom 20.07.2006).
Fall 4: Der beklagte Zahnarzt hat der Klägerin eine Brücke mit Nickelanteil eingesetzt, obwohl der Verdacht einer Nichelallergie bestand. Das Gericht sah darin ein grober Behandlungsfehler an, wies die Klage trotzdem ab, weil die Ursächlichkeit der Beschwerden der Klägerin nicht nachgewiesen werden konnte.
Sekundärschäden
Fall 1: Nach der zahnmedizinischen Versorgung behauptete die Klägerin im gerichtlichen Verfahren, dass sie Schmerzen an der Nase vorbei bis hinters Ohr und am rechten Auge, lahme Lippen sowie ein bestehendes taubes Gefühl der rechten Gesichtshälfte hat. Sie war der Meinung, dass diese Beschwerden auf die fehlerhafte Zahnbehandlung zurückzuführen seien. Das Gericht, dem schriftlichen Gutachten folgend, wies die Ansprüche der Klägerin ab. Es sei grundsätzlich fernliegend, dass die Perforation eines Zahnes die von der Klägerin behaupteten Beschwerden auslösen kann (OLG Hamm, Urteil vom 24.10.2006).
Fall 2: In dem Verfahren behauptete der Kläger, durch die fehlerhafte Behandlung des beklagten Zahnarztes Magen- und Darmbeschwerden bekommen zu haben. Das Gericht vermag jedoch den Ursachenzusammenhang nicht zu erkennen und wies die Ansprüche ab (OLG Frankfurt, Urteil vom 07.08.2007).
Feststellung der Schadensersatzpflicht für die künftigen Schäden
Fall 1: Im Falle, wenn die Neuversorgung erforderlich ist, aber noch nicht erfolgt, kann man trotzdem die Ansprüche gerichtlich geltend machen. Dabei muss man das Gericht, die Schadenersatzpflicht des Arztes für den in der Zukunft zu erwartenden Schaden feststellen lassen (OLG Stuttgart, Urteil vom 09.01.1998).
Fall 2: Der beklagte Zahnarzt hat eine Wurzelbehandlung an einem vitalen Zahn durchgeführt. Das Gericht kam zum Ergebnis, dass der Zahnarzt für die zukünftigen Schäden im Zusammenhang mit dem Zahn verantwortlich ist, weil das Ergebnis seines Fehlers in der Zukunft zu einem Verlust des Zahnes führen wird (OLG Hamm, Urteil vom 24.10.2006).
Schmerzensgeld
Beispiele
3.000 Euro bei nicht erheblichen Schmerzen, sondern lediglich bei notwendigen Neusanierung und Taubheitsgefühl (Landgericht Aurich, Urteil vom 06.10.2006)
bei fehlerhaften Wurzelbehandlung an einem vitalen Zahn 4.000 €, weil der Zahn in Zukunft verloren sein wird (OLG Hamm, Urteil vom 24.10.06)
5.000 Euro für die fehlerhafte Implantation (OLG Frankfurt, Urteil vom 07.08.2007)
6.000 Euro: vier Zähne verloren (OLG Koblenz, Urteil vom 20.07.2006)
12.500 € Schmerzensgeld für den Verlust von 2 Zähnen und Schmerzen infolge einer fehlerhaften Behandlung ( OLG Köln)
Für eine fehlerhafte Wurzelbehandlung, die zum Verlust eines Zahnes führte und eine fehlerhaft gesetzte Schraube, die eine erbsengroße Osteolyse sowie eine äußerst schmerzhafte Entzündung im Mundraum verursachte, ist ein Schmerzensgeld von 2.045,17 EUR (4.000 DM) angemessen ( OLG München)